Eine Darlehensnehmerin wehrte sich erfolgreich, als sie zur Zahlung von Negativzinsen aufgefordert wurde.
Ein Aargauer Steuerpflichtiger klagte, weil er trotz Arztzeugnis keinen Fristaufschub für die Steuererklärung erhielt.
Wer bezahlt für die genutzte Infrastruktur bei Home Office, Arbeitgeber oder Arbeitnehmer?
Dies und vieles mehr in unserer Juli-Ausgabe. Viel Spass beim Durchlesen.
Negativzinsen bei Darlehensvertrag: muss der Darlehensgeber zahlen?
An das Bundesgericht gelangte eine Darlehensnehmerin, die von ihrem Darlehensgeber Negativzins für ein Darlehen verlangte.
Die Parteien hatten 2006 einen Darlehensvertrag abgeschlossen, in welchem die Parteien den 6-Monats LIBOR-CHF-Zins zuzüglich 0.0375% als Zinssatz vereinbart hatten. Mit der Einführung von Negativzinsen sowie der Ankündigung der Aufhebung des CHF-EUR-Mindestkurses im Januar 2015 durch die SNB kippte der 6-Monats LIBOR-CHF-Satz ins Minus. Im September 2015 forderte die Darlehensnehmerin den Darlehensgeber auf, den Zins gemäss vertraglich festgelegter Formel zu berechnen und ihr den daraus resultierenden Negativzins zu überweisen. Der Darlehensgeber wies die Forderung zurück und stellte sich auf den Standpunkt, der Darlehensvertrag enthalte keine ausdrückliche Regelung für den unerwarteten Fall, dass der 6-Monats LIBOR-CHF-Satz ins Negative falle. In jedem Fall sehe der Darlehensvertrag keine Zinszahlung des Darlehensgebers zugunsten der Darlehensnehmerin vor. Die Darlehensnehmerin reichte Klage ein und verlor beim Bundesgericht.
Das Bundesgericht erinnerte daran, dass der Darlehenszins das Entgelt und damit die Gegenleistung für das Zurverfügungstellen von Kredit darstelle. Entsprechend dieser Definition stelle ein Negativzins keinen Zins im juristischen Sinne dar.
Auch wies das Bundesgericht darauf hin, dass der Vertrag nicht die Umkehrung der Zinszahlungsverpflichtung vorsehe. Vielmehr würden mehrere Bestimmungen ausdrücklich auf die Zinszahlungsverpflichtung der Darlehensnehmerin Bezug nehmen.
Darüber hinaus sei, so das Bundesgericht weiter, weder ersichtlich, dass die Parteien bei Abschluss des Darlehensvertrags mit Negativzinsen gerechnet hätten, noch dass sie beabsichtigt hätten, dass sich die Darlehensnehmerin mittels Negativzinsen refinanzieren können soll. Nach guten Treuen könne nicht abgeleitet werden, dass die Darlehensnehmerin Negativzinse ausbezahlt erhalte(Quelle: BGE 4A_596/2018 vom 7.5.2019).
A1-Bescheinigungen werden in der EU strenger kontrolliert
Jeder der in einem EU-Mitgliedsstaat einer vorübergehenden Beschäftigung nachgeht, ob als Angestellter oder selbständig Erwerbender, muss eine sogenannte A1-Bescheinigung mitführen, unabhängig von der Dauer des Einsatzes. Dies gilt für ALLE grenzüberschreitenden Tätigkeiten, auch für Verwaltungsräte, Berater und an Messen und Konferenzen delegierte Mitarbeiter. Die A1-Bescheinigung belegt, dass der Mitarbeitende im Wohnsitzstaat sozialversichert ist.
Seit Januar 2019 wird das Mitführen der A1-Bescheinigungen strenger kontrolliert.Wer kontrolliert und ohne A1-Bescheinigung erwischt wird, muss mit einem Bussgeld und der Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge rechnen. Deshalb ist es wichtig, jedem grenzüberschreitend tätigen Mitarbeitenden eine A1-Bescheinigung auszustellen. Die Bescheinigung kann online bei den Ausgleichskassen beantragt werden (Quelle:https://www.ahv-iv.ch/de/Merkbl%C3%A4tter-Formulare/Formulare/Internationales).
Fristlose Entlassung bei Gründung von Konkurrenzfirma
Ein Angestellter arbeitete seit 2010 mit vollem Pensum bei einem Kommunikations-Unternehmen. Ein Jahr später gründete er ein eigenes Unternehmen und organisierte mit diesem eine Messe in Genf. Sein Arbeitgeber erfuhr, dass der Mitarbeiter eine Konkurrenzfirma während des Anstellungsverhältnisses gegründet hatte und kündigte ihm fristlos.
Der Entlassene klagte auf Lohn und eine Entschädigung von rund CHF 85’400 plus Zinsen. Das Bundesgericht wies seine Beschwerde ab. Es bezeichnete das Verhalten als schweren Verstoss gegen die Treuepflicht. Die fristlose Entlassung sei gerechtfertigt (Quelle: BGE 4A_559/2016 vom 18.1.2017)
Geschäftsvermögen oder Privatvermögen: was sind Kriterien?
Das Bundesgericht hatte zu urteilen, ob Grundstücke eines Architekten zu seinem Privat- oder zu seinem Geschäftsvermögen zählen.
Dies ist relevant, denn bei Grundstücken im Privatvermögen kann der Pauschalabzug geltend gemacht werden, der oft höher ist als die effektiven Abzüge, die beim Geschäftsvermögen zugelassen sind.
Der Architekt besass verschiedene Grundstücke und war zeitweise als Makler tätig. Das Steueramt Schwyz qualifizierte zwei Grundstücke als Geschäftsvermögen, wodurch der höhere Pauschalabzug nicht möglich war.
Um als Geschäftsvermögen zu gelten, müssen Vermögenswerte ganz oder vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit dienen. Vorliegend würde es sich um Immobilienhandel handeln, der vorliegt, wenn die steuerpflichtige Person An- und Verkäufe von Liegenschaften systematisch und mit der Absicht der Gewinnerzielung vornimmt.
Im aktuellen Fall gab das Bundesgericht dem Kläger Recht: die langfristigen Mietverträge und die Finanzierung mit eigenen Mitteln widersprechen der Zuordnung als Geschäftsvermögen.
Obschon der Steuerpflichtige als Liegenschaftshändler qualifiziert wurde, dürfen nicht sämtliche seiner Grundstücke dem Geschäftsvermögen zugeordnet werden. Jede der Liegenschaften muss einzeln geprüft werden, um sie zuzuordnen (Quelle: BGE 2C_732/2016, 2C_733/2016 vom 5. September 2017).
Begründung bei Kündigung von Wohnungsmiete ist bei Umbau nicht erforderlich
Das Bundesgericht hatte einen Fall zu beurteilen, bei dem die Eigentümerin einer Liegenschaft mehreren Mietern kündigte. Sie begründete die Kündigungen mit dringenden Sanierungsarbeiten der Gipsdecken in allen Wohnungen der Überbauung. Diese Arbeiten könnten nicht in Anwesenheit der Mieter durchgeführt werden. Ein Mieter focht diese Kündigung an mit der Begründung, die Kündigung verstosse gegen Treu und Glauben, da die Begründung unvollständig, ungenau und unzutreffend sei.
Das Bundesgericht erinnerte als erstes daran, dass die ordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses keine Begründung benötige, um gültig zu sein. Das Mietrecht hat darauf verzichtet, die Begründung einer Kündigung zu einer Voraussetzung der Gültigkeit zu erklären. Darum ist eine ordentliche Kündigung ohne Begründung gültig – die Kündigungsfreiheit gilt auch im Mietrecht.
Das Bundesgericht stellt eindeutig klar, dass auch eine Kündigung im Zusammenhang mit einem geplanten Umbau- oder einer geplanten Gesamtsanierung nicht begründet werden muss.
Einzige Schranke bildet gemäss Bundesgericht nach wie vor der Grundsatz von Treu und Glauben: Bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen ist die Kündigung anfechtbar, wenn sie gegen diesen Grundsatz verstösst.
Ist das Projekt der Sanierung zum Zeitpunkt der Kündigung genügend ausgereift und ausgearbeitet, und kann aufgrund dessen abgeschätzt werden, ob die Räumung erforderlich ist, so wird «Treu und Glauben» nicht verletzt.
Auch entschied das Bundesgericht, dass die kündigende Partei die Kündigung auch erst auf Aufforderung der gekündigten Partei begründen kann. Ein Nachschieben der Gründe ist möglich.
Mieter sollten so früh wie möglich eine korrekte Begründung für die Kündigung und die notwendigen Fakten und Beweismittel zum Umbau oder zur Gesamtsanierung erhalten. Kündigungen sind dann auszusprechen, sobald der Kündigungsentscheid feststeht (Quelle: BGE 4A_703/2016).
Verdeckte Gewinnausschüttung bei Liegenschaftsübertragung
Ein Ehepaar klagte vor Bundesgericht gegen die Steuerbehörde ihres Kantons. Sie waren Besitzer einer Immobiliengesellschaft und verkauften ihren Söhnen eine Liegenschaft für
CHF 676’000. Der von einem unabhängigen Experten festgehaltene Verkehrswert betrug
CHF 1’426’000. Die Steuerbehörde bestimmte die Differenz als verdeckte Gewinnausschüttung, die besteuert wurde. Ebenfalls bemängelte das Steueramt den Abzug für die Maklerprovision von 5%, da diese nicht bezahlt wurde. Das Bundesgericht gab der Steuerverwaltung in allen Punkten Recht (Quelle: BGE 2C_49/2018 und 2C_70/2018 vom 23.4.2019).
Kosten für Home Office trägt der Arbeitgeber
Vor dem Bundesgericht trafen sich ein Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer klagte eine Entschädigung für die Nutzung eines Zimmers in seiner privaten Wohnung als Arbeitszimmer ein. Das Bundesgericht gab dem Arbeitnehmer Recht, obwohl im Arbeitsvertrag keine Entschädigungspflicht für Home Office aufgeführt war.
Das Bundesgericht begründete seinen Entscheid damit, dass falls der Arbeitgeber keinen geeigneten Arbeitsplatz für seine Mitarbeitenden bereit hält, er die Kosten für die benötigte Infrastruktur zu übernehmen hat.
In diesem Fall stand dem Mitarbeitenden kein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung. Gemäss OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung der Arbeiten notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen.
Es spielt auch keine Rolle, dass der Arbeitnehmer das Zimmer sowieso gemietet hat – das Unternehmen hat für die Auslagen aufzukommen (Quelle: BGE 4A_533/2018 vom 23.4.2019).
Kein Fristaufschub bei Steuererklärung trotz Arztbericht
Ein Steuerpflichtigeraus dem Kanton Aargau reichte trotz Mahnung keine Steuererklärung ein, worauf das Steueramt ihn einschätzte auf ein Jahreseinkommen von rund CHF 100’000. Der Steuerpflichtige wehrte sich bis ans Bundesgericht gegen diese Einschätzung. Als Begründung reicht er Arztberichte ein.
Allen Gerichten reichten diese knapp gehaltenen Arztberichte nicht. Die Berichte zeigten zuwenig klar, ob und wann der Steuerpflichtige verhindert war, um der Frist zurEinreichung der Steuererklärung nachzukommen (Quelle: BGE 2C_294/2019 vom 4.4.2019).